Die Kniebeuge ist eine so elementare Übung, sie scheint in unsere Gene eingespeist zu sein. Wenn man kleine Kinder am Sandkasten beobachtet, so fällt auf, wie perfekt sie Gegenstände vom Boden aufheben und immer wieder in eine tiefe Kniebeuge gehen.
Die Sozialisation unserer Wohlstandsgesellschaft verdrängt durch technologischen Fortschritt natürliche Bewegungen. Mangelnde koordinative Fähigkeiten und Bewegungslegasthenie fallen auch uns als Bewegungsexperten vermehrt ins Auge. So stellen wir immer häufiger fest, das auch bei Leuten, die schon viele Jahre trainieren die Bewegungstechnik bei der Kniebeuge fehlerhaft ist, ohne das diesen Sportlern dies bewusst ist. Die EISENKLINIK präsentiert einen groben Entwurf einer methodischen Übungsreihe, der alle wesentlichen Variationen der Kniebeuge zusammengestellt.
Ein verbreiteter Mangel bei der Kniebeuge ist die unzureichende Tiefe. Nur eine volle Kniebeuge ist eine richtige Kniebeuge, alles andere muss präzise als halbe und viertel Kniebeuge bezeichnet werden, oder als Training mit Teilwiederholungen. Aus diesem Grund ist es zunächst ratsam die Kniebeuge ohne jegliches Gewicht auszuführen. In unserem Lehrgang Kraft & Stabilität gehen wir ausführlich auf die wichtigsten Varianten ein, um die richtige Technik ohne große Zusatzlast zu üben. So kann ein Körpergefühl entwickelt werden, um später auch hohe Lasten sicher zu bewältigen. Weitere Hinweise im Artikel zu Kinetik und Kinematik der Kniebeuge
Schritt 1: Kniebeuge mit dem Körpergewicht
Das ist die Variante, mit der man beginnen sollte. Wenn man 50 Wiederholungen ohne Pause schafft, dann ist man bereit für Schritt 2. Die vielen Wiederholungen schaffen zudem ein solide Kraftausdauer und trainieren das Herz-Kreislauf-System. Ein zusätzliches Ausdauertraining wird überflüssig. Besonderes Augenmerk sollte auf die vollständige Bewegungsamplitude und die Aufrichtung der Brustwirbelsäule gerichtet werden. Die Streckung der Arme hilft dabei. Weiterhin ist auf das Timing zwischen Hüft- und Kniegelenk zu achten. Beide Gelenkachsen sollten sich mit synchroner Geschwindigkeit bewegen.
Schritt 2: Überkopfkniebeuge mit dem Körpergewicht
Wesentlich höhere Beanspruchung der Rückenstrecker, man wird gezwungen den Rücken extrem gerade zu halten, was sich positiv auf die Oberkörperhaltung auswirkt. Zudem wird die Beweglichkeit der Fußgelenke deutlich mehr gefordert, wenn der Oberkörper aufrecht gehalten wird. Wenn man ein Gesamtvolumen von 50 Wiederholungen in einer Trainingseinheit schafft, dann ist man bereit für Schritt 3. Die Satzzahl für spielt hierbei eine untergeordnete Rolle, am Ende der Einheit müssen die 50 Wiederholungen absolviert sein. Somit bleibt der Fokus auf der perfekten Ausführung, die nicht unter einer zu hohen Ermüdung leidet.
Schritt 3: Kniebeuge mit der Langhantel
Die Hantelkniebeuge mit der Last auf dem Rücken wird auch gerne als „Kniebeuge hinten“ bezeichnet . Bei dieser Form der Kniebeuge gibt es verschieden Arten der Hantelpositionierung auf dem oberen Rücken. Diese hängt von der Beinstellung und Tiefe der Bewegung ab. Viele Athleten schaffen es nicht tiefe Kniebeugen zu machen, oh am Ende das Becken stark abzukippen. In diesem Fall gibt es folgende Möglichkeiten:
1. Nur so weit runter gehen, wie das Becken stabil bleibt
2. Auf Frontkniebeugen ausweichen
3. Einen Bewegungsspezialisten konsultieren, der die Ursache der Abkippung findet und Gegenmaßnahmen ergreift.
Schritt 4: Frontkniebeuge mit der Langhantel
Sie wird im Gewichtheben auch als „Kniebeuge vorne“ bezeichnet. Diese Variante trainiert nicht nur die Handgelenkbeweglichkeit. Die Muskulatur im BWS-Bereich erfährt einen enormen Stabilitäts- und Kraftzuwachs, was der Körperhaltung zugute kommt. Das Becken wird durch die erhöhte Oberkörperspannung besser stabilisiert als bei der Kniebeuge hinten.
Die Frontkniebeuge ist das Portal zu weiteren fundamentalen Übungen aus dem olympischen Gewichtheben, wie z. B. dem Stoßen oder anderen Komplexübungen. Ohne das Beherrschen dieser Übung schließt man sich automatisch vom Gewichtheben – einer der besten Fitness-Sportarten – aus.
Schritt 5: Überkopfkniebeuge mit der Langhantel
Ein ganzer Kerl, dank Überkopf-Kniebeuge. Wer wirklich stark ist, oder nur eine Ansammlung einzelner Muskelgruppen, sieht man bei dieser Variante. Eine Ganzkörperübung, bei der hohe Rumpfstabilisation erforderlich ist.
Ohne eine gute Beweglichkeit in der Brustwirbelsäule und im Schultergelenk wird man es kaum zu respektablen Ergebnissen bei dieser Übung bringen.
Ein EISENKLINIK Sportler schafft ohne Probleme 5 Wiederholungen mit dem eigenen Körpergewicht. Auch hier ist eine systematische methodische Übungsreihe erforderlich, um die Technik, die zu diesen Leistungen führt optimal abzustimmen.
Sonderform: Einbeinige Kniebeuge (Pistole)
Die Pistole ist biomechanisch nicht unproblematisch für den Bewegungsapparat. Die Lendenwirbelsäule wird stark entlordodisiert, die Brustwirbelsäule erfährt eine starke Kyphosierung. Die Gesamtbelastung ist sehr asymmetrisch, was erhöhte Scherkräfte auf die Gelenkstrukturen wirken lässt. Es gibt hinsichtlich Kraftentwicklung und Muskelaufbau keine Vorteile dieser Variante. Wir raten auf eine der Anderen Varianten zurückzugreifen.
Sonderform: Slackline-Kniebeugen
Kniebeugen auf einer sogenannten „Slackline“, einem gespannten Gurt, der einen labilen Untergrund schafft. Diese Übung macht allerdings nur für Skifahrer, Snowborder, Inliner, Eissschnelläufer oder andere Athleten Sinn, da hier ähnliche Kräfte Wirken, wie auf einer Slackline. Für alle Anderen gibt es kaum positive Effekte hinsichtlich der Kraftentwicklung.
Mythos Kniekiller
Neben zig anderen Mythen ist die Fehlannahme die Tiefkniebeuge sei schädlich für das Kniegelenk eine der beliebtesten Meisterlehren. Auf die Frage was denn anatomisch genau schädlich daran sein soll haben wir bisher noch keine überzeugende Antwort bekommen. Wir möchten hier eine praxisorientierte Antwort auf diese „Verdächtigungen“ geben:
- Wenn die tiefe Kniebeuge per se schlecht für das Kniegelenk ist, dann sollten alle Eltern ihren Kindern diese Bewegung am Sandkasten schleunigst austreiben und unter Androhung von Stubenarrest verbieten.
- Wenn die tiefe Kniebeuge per se schlecht für das Kniegelenk ist, dann müssten viele wissenschaftliche Untersuchungen belegen, das beispielsweise Gewichtheber im Vergleich zu anderen Sportlern höhere Verschleißraten im Kniegelenk aufweisen.
- Wenn die tiefe Kniebeuge per se schlecht für das Kniegelenk ist, dann sollten unsere Wissenschaftler den Naturvölkern in Afrika das stundenlange hocken vor dem Lagerfeuer austreiben, denn das ist schädlich für das Knie.
Überlastungsschäden möchten wir jedoch nicht leugnen oder herunter spielen, sie sind jedoch nicht Resultat der Übung an sich, die Gründe dafür liegen in Faktoren, die für jegliche Art von Sportschäden verantwortlich sind:
- Zu hohe Belastungen (Trainingsgewichte)
- Zu schnelle Steigerung der Belastungen (Trainingsgewichte)
- Mangelnde Technik
- Höherer Verschleiß durch minderwertiges Material (Genetik)
- Ungünstige Gelenkstruktur (Genetik)