Stress kann die Immunfunktion stärken oder unterdrücken. In welche Richtung es geht, hängt ab von mehreren Bedingungen ab.
Es ist bekannt, dass Stress die Immunfunktion unterdrückt und die Anfälligkeit für Infektionen und Krebs erhöht. Paradoxerweise ist auch bekannt, dass Stress Asthma, allergische, Autoimmun- und Entzündungskrankheiten verschlimmert, obwohl solche Krankheiten durch Immunsuppression gemildert werden sollten.
Die kurzfristige Kampf- oder Fluchtstressreaktion ist einer der grundlegenden Abwehrmechanismen der Natur, die es dem Herz-Kreislauf- und dem Muskel-Skelett-System ermöglicht, unser Überleben zu sichern. Daher ist es unwahrscheinlich, dass diese Reaktion die Immunfunktion zu einem Zeitpunkt unterdrückt, zu dem sie für unser Überleben am meisten benötigt wird, z.B. als Reaktion auf eine Verletzung und Infektion.
Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass Stress unter einigen Bedingungen die Immunfunktion unterdrücken und unter anderen verstärken kann. Die Auswirkungen von Stress sind wahrscheinlich beides – vorteilhaft oder schädlich – je nach der Art der betroffenen Immunantwort. Studien haben gezeigt, dass mehrere Faktoren die Richtung (verstärkend oder unterdrückend) der Wirkungen von Stress oder Stresshormonen auf die Immunfunktion beeinflussen:
Dauer von Stress
Akuter oder kurzfristiger Stress kann angeborene und adaptive Immunreaktionen verstärken. Chronischer oder langfristiger Stress dagegen kann die Immunität unterdrücken, indem die Anzahl und Funktion der Immunzellen verringert und/oder aktive immunsuppressive Mechanismen (z.B. regulatorische T-Zellen) verstärkt werden. Chronischer Stress kann auch die Immunfunktion fehlregulieren, indem er proinflammatorische und Typ-2-Zytokin-getriebene Reaktionen fördert.
Endogene versus synthetische Glukokortikoide
Endogene Hormone in physiologischen Konzentrationen können immunstärkende Effekte haben. Endogene Hormone in pharmakologischen Konzentrationen und synthetische Hormone wirken dagegen immunsuppressiv.
Zeitlicher Verlauf der Immunantwort
Immunverstärkung wird beobachtet, wenn akuter Stress in frühen Stadien der Immunaktivierung auftritt, während Immununterdrückung in späten Stadien der Immunantwort beobachtet werden kann.
Quintessenz
Die Dauer der Stresseinwirkung scheint ein entscheidender Faktor für die immunstärkenden Effekte der akuten Stressantwort zu sein. Kurze Stressbelastungen mit effektiven Regenerationsphasen scheinen die Lösung zu sein, denn wer intelligent regeneriert, bleibt dauerhaft gesund und leistungsfähig.