Sport macht nicht schlank

Eine Metaanalyse randomisiert-kontrollierter Studien dokumentiert die geringe Wirksamkeit von körperlichem Training: Nach zwölf Monaten Intervention mit Ausdauersport erreichen Übergewichtige eine Gewichtsreduktion von nur 1,7 kg.

„Ohne Sport geht bei der Gewichtsreduktion gar nichts“, so die landläufige Meinung von Verbrauchern und vielen Ärzten. So quälen sich Millionen Adipöse in den Industrieländern durch das Training, im guten Glauben ihr Fett würde wie die Butter in der Sonne dahin schmelzen. Aus der Praxis ist bekannt, dass die Wenigsten ihre Ziele erreichen.

Kanadische Forscher veröffentlichten jetzt eine interessante Metastudie, in der alle Studien zwischen den 1970 und 2010 analysiert wurden, die den alleinigen Einfluss von Ausdauertraining im Vergleich zu einer inaktiven Kontrollgruppe untersuchten. Studien, die zusätzlich eine energiearme Diät und medikamentöse Unterstützung beinhalteten wurden nicht berücksichtigt. Somit flossen 14 Untersuchungen mit insgesamt 1847 Probanden in diese Metaanalyse ein. Die Ergebnisse zeigten einen begrenzten Einfluss von körperlichem Training bei übergewichtigen und adipösen Populationen. Ausdauertraining mit einer Dauer von 12 Wochen bis zu 12 Monaten führte danach zu bescheidenden Ergebnissen mit einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von 1,7 kg.

 

Diskussion

Offensichtlich wird der Energieverbrauch durch Sport deutlich überschätzt. Berg/König (2011) weisen darauf hin, dass es dramatische Unterschiede zwischen Ausdauertrainierten und untrainierten Übergewichtigen im Energieverbrauch gibt:„So verbrennt z. B. ein Trainierter bei einer für ihn vertrauten Aktivitätseinheit von zwei Stunden etwa 2 000 kcal. Ein untrainierter Übergewichtiger, der dagegen nur 30 Minuten durchhält, verbraucht in dieser Zeit nur ungefähr 200 kcal .“

Wer allein durch Sport abnehmen will, braucht sehr viel Disziplin und einen starken Willen. Eine neue Studie über körperliche Aktivität und Nahrungsaufnahme (Westerterp, 2010) kommt zu dem Schluss, dass eine Gewichtsreduktion durch eine alleinige Änderung des Aktivitätsverhaltens kurz- und mittelfristig nicht zu erreichen ist.

Gewichtsreduktion durch Sport ist nicht möglich

Werle und Kollegen (2011) konnten in ihrer Untersuchung zeigen, dass Probanden schon mehr essen, wenn sie nur an Sport denken! Martins und Kollegen (2007) stellten in ihrer Studie fest, dass Probanden nach dem Sport mehr Kalorien zu sich nahmen, als ohne Sport. Beispiel gefällig? Wie oft sieht man Mitglieder im Fitness-Club, die direkt nach dem Training ihre Energiebilanz an der Studio-Theke wieder ins Plus bringen?

Da unser Körper evolutionsbiologisch darauf programmiert ist, äußerst sparsam mit seiner Energie umzugehen, unterliegt diese verhaltensgesteuerte Kalorienkompensation fundamentalen biologischen Programmen. Vor diesem genetisch festgelegten Verhaltensmuster wird es leichter verständlich, warum die meisten Menschen erfolglos bei der Gewichtsreduktion sind. Sie müssen mit starker Willenskraft gegen die eigene menschliche Natur kämpfen und ziehen meist den Kürzeren. Unsere Gene haben sich noch nicht darauf eingestellt, dass wir Essen überall und in unbegrenzter Menge zur Verfügung haben. Wir müssen uns nicht einmal dafür anstrengen.

 

Fazit: Sport ist gesund

Eine differenzierte Betrachtungsweise zeigt jedoch, dass richtig dosierter Sport unbedingt in jedes Gewichtsreduktionsprogramm gehört. Weniger zur zum Abnehmen, vielmehr zur Verbesserung wichtiger gesundheitlicher Parameter, wie Insulinsensitivität, Herz-Kreislauffunktion, Fettstoffwechsel, etc. Die Autoren Berg & König (2011) weisen darauf hin, dass der Faktor Gesundheit und das Purzeln der Pfunde zwei voneinander unabhängig zu betrachtende Bestandteile der Gewichtsreduktion sind.

 

Literatur

Berg, A., König, D. Vorteile körperlicher Aktivität bei der Gewichtsreduktion. Adipositas – Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie. 2011. (Vol. 5): Heft 1, S. 3-9

Martins, C., Morgan, L. M., Bloom, S. R., & Robertson, D. M. 2007. Effects of exercise on gut peptides, energy intake and appetite. Journal of Endocrinology, 193, 251–258.

Thorogood A., Mottillo S., Shimony A., Filion K.B., Joseph L., Genest J., Pilote L., Poirier P., Schiffrin E.L., Eisenberg M.J. 2011. Isolated aerobic exercise and weight loss: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Med. 124(8):747-55.

Werle C., Wansink B., Payne C.R. 2011. Just thinking about exercise makes me serve more food. Physical activity and calorie compensation. Appetite 56: 332–335

Westerterp K.R. 2010. Physical activity, food intake, and body weight regulation: insights from doubly labeled water studies. Nutr Rev ; 6

 

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