Rekordweltmeister, Ausnahmeathlet, Jahrhunderttalent. Das sind die Attribute mit denen Francesco Friedrich in Verbindung gebracht wird. Was unterscheidet dieses Team vom Rest der Weltelite?
Das spektakuläre Finale einer langen Bobsaison ging vor drei Wochen bei der Heim-WM in Altenberg zu Ende. Im Mittelpunkt stand Francesco Friedrich mit einem neuen Rekord für die Ewigkeit: Seit sechs Jahren hat kein anderer bei der WM im Zweierbob gewonnen, seit 2017 zusätzlich dreimal hintereinander Doppelweltmeister und zwischendurch noch Doppelolympiasieger.
Dinge machen, die andere nicht machen
Seit einem Jahr unterstütze ich Trainer Gerd Leopold daran die Trainingsmethodik im Bobteam Friedrich systematisch zu optimieren und auf den letzen Stand zu bringen. Die Saison 2019/20 hat die Effektivität der neuen Maßnahmen in den Startleistungen meßbar bestätigt. Zur Gestaltung des Trainingsprozesses lässt sich soviel zusammenfassen:
Außergewöhnliche Leistungen erfordern klug geplantes Training. Eine genaue Kenntnis über das Anforderungsprofil der Sportart ist die Grundlage für die Ableitung geeigneter Trainingsinhalte. Ziel ist es die Wirksamkeit des Trainings zu erhöhen und Verletzungen zu vermeiden. Dazu muss man genau wissen was wie zu welchem Zeitpunkt wirkt. So können begründete Entscheidungen für nachhaltige Trainingserfolge getroffen werden.
Nichts dem Zufall überlassen
Wenn Hundertstelsekunden den Unterschied über Sieg oder Niederlage ausmachen, dann muss wirklich alles stimmen, man kann sich keine Fehler erlauben. Im Spitzensport gewinnen diejenigen, die – entsprechendes Talent vorausgesetzt – ihre Hausaufgaben in allen Details am besten gemacht haben. Wenn so etwas über viele Jahre gelingt, ist das kein Zufall, sondern Können.
Was aber sind die Zutaten dieser Könnerschaft? Das Team um Francesco Friedrich und Trainer Gerd Leopold ist gekennzeichnet durch ständige Lernbereitschaft, Respekt für den sportlichen Gegner und einen unbändigen Ehrgeiz. Wenn andere schon längst abwinken wird hier akribisch weiter an Details gefeilt, immer auf der Suche nach einem weiteren Vorteil gegenüber der Konkurrenz.
Stress als Bedingung für Spitzenleistungen
Die Trainingssteuerung im Hochleistungssport ist vor allem durch das exakte Timing zu den Wettkämpfen und die extreme Stressbelastung in der Saison geprägt. Herausragenden Athleten wie Francesco Friedrich gelingt es ihre Leistung gerade in höchsten Stresssituationen zu erbringen, ich möchte sogar behaupten, dass diese Adrenalin-Junkies enorme Stresspegel zwingend benötigen, um ihre Spitzenleistungen zu vollbringen.
Irrwege im Training vermeiden
Fehler macht jeder. Wenn wir aus ihnen Lernen, machen Sie uns sogar besser. Eine besondere Herausforderung in der heurigen Zeit ist es fokussiert zu bleiben. Auch Spitzensportler sind versucht den zahlreichen Versprechungen von Gurus und Gimmicks auf den Leim zu gehen. Hier spielt der Trainer mit seiner Bewertungskompetenz eine entscheidende Rolle. Er fungiert als Mülltrenner für seine Athleten. Als Manager des Erfolges ist er Berater in Fragen der strategischen Ausrichtung des Trainings.
Im trainingsmethodischen Know-how sind die Unterschiede in der Weltcup-Konkurrenz aus meiner Sicht immer noch deutlich erkennbar – nicht nur in diesem Sport. Die individuellen Spitzenleistungen sprechen daher oft für die Qualität der Sportler und weniger für ein intelligentes Training. Verletzungen und starke Leistungsschwankungen sind der Beweis dafür.
Nach der WM ist vor der WM
Mit dem gebührenden Abstand heißt es nun analysieren, planen, optimieren. Die Gedanken sind längst bei der nächsten WM in Lake Placid und – noch wichtiger – bei der Olympiade in Peking 2022. Dort will Francesco Friedrich sich noch ein weiteres Denkmal setzen. Die Zeichen stehen gut – wenn nicht wieder ein Corona Virus dazwischen kommt. Aber die Bobsportler in ihren dünnen Rennanzügen sind ja sehr robust was winterliche Erkrankungen angeht.