Interview mit Robert Schleip

Faszien als Sinnesorgan“, so der Titel des Workshops, der am letzten Juliwochenende in Nürnberg stattfand. Referent war niemand geringeres als Dr. Robert Schleip, Direktor der Fascia Research Group an der Universität Ulm.

Veranstalter Dr. Herbert Grassmann, Leiter des Instituts für Strukturelle Körpertherapie, hat mit dem in Europa führenden Faszienforscher Dr. Robert Schleip nicht nur einen Mann der Wissenschaft gewinnen können, Robert ist Diplom-Psychologe, Heilpraktiker, zertifizierter Feldenkrais-Lehrer und wurde 1978 als erster Deutscher zum Rolfer ausgebildet. Er war Co-Initiator des 1. Fascia Research Congress an der Boston Havard Medical School, 2007. Seine Promotion zur Faszienkontraktilität wurde 2006 mit dem Vladimir Janda Preis für Muskoloskeletale Medizin ausgezeichnet. Neben seiner Forschungstätigkeit an der Universität Ulm, ist er heute immer noch als Therapeut in seiner Münchener Praxis aktiv.

Die Teilnehmer setzen sich aus überwiegend Physiotherapeuten und Heilpraktikern zusammen, als Athlet und Sport-Trainer bin ich auf diesem Workshop also ein Exot gewesen. Das „Fremdgehen“ in andere Gefilde war jedoch beabsichtigt, denn wer seinen Horizont erweitern will, benötigt neue Landschaften. Da es in der Körpertherapie im weitesten Sinne ebenfalls um Bewegung geht, liegen Therapie und sportliches Training enger beisammen als auf den ersten Blick vermutet.

Robert vermittelte mit viel methodischem Geschick, wie Faszien als unser reichhaltigstes Sinnesorgan für die Propriozeption fungieren und damit entscheidend unser Bewegungsempfinden beeinflussen. Die Verkümmerung dieses Sinnes in unserer technisierten Gesellschaft wurde bereits in vielen Eisenklinik Artikeln erwähnt. Mein Fazit: Die Gemeinsamkeiten von Sport-Trainer und Therapeut sind nahezu deckungsgleich, nur werden Sachverhalte aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und anders umschrieben.

Daher war es auch nicht verwunderlich, wie anschaulich Robert in unserem Interview, den Nutzen der Faszienforschung und therapeutischen Praxis auf den Sport zu erklären wusste. Die im Video gezeigte elastische Speicherkapazität der Faszien, kommt beispielsweise auch beim Kettlebell Schwingen oder im klassischen Stand-Dreisprung zum tragen. Robert nennt es im Video Elastic Recoil Eigenschaft, in der Sportwissenschaft werden derartige Bewegungen als Dehnungsverkürzungs-Zyklus klassifiziert.

Auch beim Schuhwerk herrschte Einigkeit: Neben den Zehenschuhen fielen mir am ersten Workshop-Tag Robert’s Vivo Barefoot von Terra Plana sofort ins Auge. Die größte Überraschung war jedoch, dass Robert Schleip ein heimlicher Spielplatz-Athlet ist, so das er sicher bald ein treuer Freund unserer Rubrik Training an Spielplätzen werden wird. Insgesamt war „Faszien als Sinnesorgan“ ein sehr lehrreicher Workshop, der mir wertvolle Anregungen für die Arbeit in der Trainingspraxis geliefert hat. Ein besonderer Dank gilt dem Veranstalter Dr. Herbert Graßmann für die hervorragende Organisation und dem Würzburger Körpertherapeuten Andreas Lutz, der mir meine erste Rolfing-Sitzung verpasste.

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