Scholich: Kreistraining gestern und heute

Hinter dem unspektakulären Namen Kreistraining verbirgt sich DER Klassiker aller Zirkeltrainingsbücher. Inwiefern ist die vorliegende zweite Ausgabe von 1982 heute noch aktuell?

scholich

Autor Dr. Manfred Scholich galt zu Lebzeiten als einer der verdienstvollsten Trainingswissenschaftler und Hochschullehrer. Auf sein Konto geht Entwicklung vieler international erfolgreicher Athleten und Trainingsmethodiken zurück. Die Ursprünge des Buches Kreistraining lassen sich bis in die sechziger Jahre zurück verfolgen. Zu diesem Zeitpunkt waren in der DDR Wissenschaft und Praxis im Sport sehr eng verzahnt. Die gute Infrastruktur dürfte wohl ein maßgeblicher Grund für die fortschrittliche Entwicklung der gesamten Trainingsmethodik jenseits des eisernen Vorhangs sein. Hinzu kommt, dass damalige Hochschul-Professoren zumeist selbst eine erfolgreiche Karriere als Trainer im Leistungssport hinter sich hatten.

Bekanntheit erlangte Scholich’s Kreistraining als Standardwerk in der Ausbildung von Trainern in Hochschulen und Sportverbänden. Zu diesem Zeitpunkt wurden Bücher meist von genuinen Experten verfasst, deren Werke sich nur dann verbreiteten, wenn diese von anderen Fachleuten als erstklassig bezeichnet wurden. Es ging darum Inhalte zu vermitteln und weiterzuentwickeln.

Zirkeltraining gestern und heute

Der Übungsteil in Manfred Scholich’s Kreistraining beinhaltet eine extreme Übungsvielfalt mit anschaulichen Illustrationen, die jede Turnhalle zu einem Bewegungsparadies mutieren lässt. Dabei hilft das Systematisierungsmodell der Übungen nach anatomischer Klassifikation und Belastungsgrad. Hier sind alle klassischen Trainingsmittel vertreten: Medizinball, Reckstange, Kurzhantel, Scheibenhantel, Rundgewichte, Sandsack, Gewichtsweste, Partner, Gewichtsschuhe. Die anschaulichen Illustrationen kann man nicht grundlegend besser machen. Schnell wird klar, dass sich der Begriff „Neu“ bei vergleichbaren aktuellen Büchern und DVDs oft eher auf Covergestaltung und die Anglifizierung deutscher Sprache bezieht, als auf neue Inhalte.

Wer kein trendiger Fitness-Szene-Insider ist, würde wahrscheinlich Begriffe wie „Burpee“ für die Kreation einer neuen Hamburgerspezialität einer amerikanischen Fast-Food-Kette halten. Diese erhält man dann mit einer kalorienfreien Power-Clean-Cola und einer Wall-Ball Kinderüberraschung für 2,- Euro am Drive-Inn-Schalter. Als Belohnung für die erschöpfende Core-Training-Challange.

Das Alter merkt man dem Klassiker daher nur hinsichtlich der Übungsbezeichnungen an, die jedoch mit sinnhafter Bedeutung und inhaltlicher Klarheit gänzen. Begriffe wie Liegestützwechselhüpfen, Sandsackschwingen oder Hockstrecksprünge verdeutlichen auch dem Laien, dass es um Sport geht.

Ganzheitlichkeit: Trainingslehre mit pädagogischen Aspekten

Scholich’s jahrzehntelange Erfahrung als Wissenschaftler, Trainer und Lehrer zeigt sich auch durch die Beachtung persönlichkeitsbezogener und pädagogischer Aspekte. Jeder Trainingsprozess ist eben auch ein Erziehungsprozess. Darüber hinaus kommt es wie es zu einer systemtischen Abhandlung von Trainingsmethoden und deren Umsetzung in die Organisationsform des Zirkeltrainings.

Fazit

Kreistraining von Manfred Scholich ist ein Buch, dass man als fertig bezeichnen kann und dadurch niemals seine Gültigkeit verliert. Ob man durch aktuelle Fitnesstrends von einer Wiedergeburt des Zirkeltrainings sprechen kann? In deutschen Sportvereinen mit ihren zig Millionen Mitgliedern war das traditionelle Zirkeltraining niemals tot und ein stetiger Begleiter in vielen Turnhallen. Als Non-Profit-Organisationen wurde hier jedoch nie ein lautes und grelles Marketing betrieben, um in die Köpfe der breiten Masse zu gelangen.

Wer glaubt aktuelle Fitnesstrends haben etwas neues geschaffen, hat einfach nur nicht lange genug in der Geschichte zurückgeschaut. Wenn aber jedes Jahr das Rad neu erfunden werden muss, um Geld zu verdienen, sollten wir uns nicht wundern, wenn nur heiße Luft dabei heraus kommt. Mir persönlich sind Originale lieber als alten Wein in neue Schläuche zu packen.

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