Schreck lass nach

Die mächtigsten Feinde eines effizienten Trainings lauern meist im Verborgenen. Gemeint sind Schutzreflexe, die auf unbewusster Ebene agieren und uns im Training zur Verzweiflung bringen, weil sie unsere sportliche Leistungsfähigkeit herunterdrehen.

Schlecht für die Leistung, aber gut für die Gesundheit, denn unser Gehirn hat aus evolutionsbiologischer Sicht die Aufgabe unser Überleben in der Umwelt zu sichern. Dafür muss es Gefahren für den Körper erkennen und uns auf diese aufmerksam machen. Unser Gehirn weiß nicht, ob wir gerade Sport treiben oder um unser Überleben kämpfen.

1: Der Schreckreflex

Treten beim Trainieren oder Erlernen komplexer Bewegungen Probleme auf, kann der Schreckreflex ein Grund dafür sein. Ein Reflex ist im Allgemeinen eine Reaktion auf einen bestimmten Reiz. Dieser Reiz kann von außen zugeführt werden z.B. durch Laut, Licht, Berührung, Geruch oder von innen ausgelöst werden.

Doch wie ist das beim Sport? Der Schreckreflex ist hier ein Indikator dafür, wie schwierig oder bedrohlich das Nervensystem eine Übung oder Situationen im Sport einschätzt. Es lassen sich unterschiedlich starke Ausprägungen des  Schreckreflexes bei Sportlern beobachten. Z-Health Bewegungsexperten werden darauf geschult Anzeichen der Schreckreflexes zu erkennen und durch geeignete Gegenmaßnahmen schnelle Verbesserungen in der Bewegungseffizienz zu erzielen.

Anzeichen des Schreckreflexes

Zunächst ein allgemeines Beispiel: Wenn ein Baseball-Schläger auf Dich zufliegt, wie reagierst Du dann?  Im Zuge der Bedrohungsregulation reagierst Du mit Schutzmaßnahmen, die in Erwartung der herannahenden Gefahr mit folgenden Körperaktionen beantwortet werden:

  • Kopf: Der Kopf bewegt sich nach vorne unten, um den empfindlichen Bereich der Kehle und der Halswirbelsäule zu schützen
  • Gesicht: Der Schreckreflex spannt alle Gesichts- und Kiefermuskeln, um einen ungeschützten Schlag auf den Kiefer zu verhindern. Er schließt die Augen, um die Sehfähigkeit zu schützen
  • Schultern: Der Trapezius kontrahiert beidseitig und hebt die Schultern bis zu den Ohren. Dies schafft ein zusätzliches „Schild“ für den Kiefer und die Halswirbelsäule.
  • Brust: Die Brustmuskeln kontrahieren und ziehen die Schultern nach vorn unten, um die Kehle und den oberen Brustkorb zu schützen, hinter dem sich Herz und Lungen befinden.
  • Rippen: Die Zwischenrippenmuskeln spannen sich an, um die Lungen zu schützen.
  • Bauchbereich: Bauchmuskeln, tief liegende Spinalmuskeln und Beckenboden kontrahieren zusammen, um den Oberkörper nach vorne zu beugen. Ziel ist es, die inneren Organe zu schützen. Gesäßbereich: Die
  • Gesäßmuskeln kontrahieren, um das Becken zu stabilisieren und die Bauchmuskeln beim nach vorne beugen des Körpers zu unterstützen.
  • Beine: Die Adduktoren ziehen die Beine zusammen, um den Beckenboden vor Verletzungen zu bewahren. Zusätzlich kommt es zu Co-Kontraktionen der Wadenmuskulatur, um die Körperstabilität und Balance aufrecht zu erhalten.

Der Schreckreflex im Alltag und Sport

Der Schreckreflex ist vor allem dann ein Hindernis, wenn das Nervensystem annimmt, das etwas schief gehen kann, weil durch die Bedrohungsregulation das Gefahrenpotential vorweg genommen wird oder bei bereits erlebten Verletzungen und Unfällen die Schranke durch tatsächlich erlebte Erfahrungen fällt. Dieser Funktionsstrang entzieht sich jedoch der bewussten Wahrnehmung und Steuerung des Athleten. Im Z-Health-Konzept werden bei sportlichen Bewegungsmustern vor allem Adduktions- und Flexionsbewegungen als typische Anzeichen des Schreckreflexes interpretiert. Was heißt das nun in der Praxis?

Abbildung 1 zeigt den Vergleich zweier Körperhaltungen im Alltag.  Die verbrachte Zeit im Training, ist im Vergleich zur Zeit  am Rechner äußerst gering. Somit nimmt das Trainingsprogramm „Sitzen“ deutlich mehr Raum ein als das Trainingsprogramm „Bewegung“. Folglich wird man es eher zum Profi im „Sitzen“ bringen als zur Meisterschaft im Sport.

Da es kaum einen „Sitz-Athleten“ gibt, der über einen Trainer verfügt, um auf physiologische Körperhaltung und ein abwechslungsreiches Sitzprogramm zu achten, ist es nicht verwunderlich, dass die meisten „Sitz-Athleten“ eher hängen als sitzen und im Kampf gegen die Schwerkraft den kürzeren ziehen. Über einen „Inneren Trainer“, genannt Eigenwahrnehmung, verfügen die „Sitz-Athleten“ in der Regel auch nicht.

Sitzathlet1Das linke Beispiel weist die typischen Merkmale (1) bis (8) des Schreckreflexes auf. Nun rate mal welche Körperhaltung unser „Sitz-Athlet“ wohl einnehmen wird, wenn er z. B. Kreuzheben, Frontkniebeugen, Liegestütze, Klimmzüge oder vielleicht Kugelhantel Schwünge macht? Und wie soll der Trainer erfolgreich auf Ihn einwirken, wenn„Sitz-Zeit“ viel größer ist als „Bewegungszeit“?

Die Trennung von Sport / Training und Alltag macht aus ganzheitlicher Sicht keinen Sinn, denn es geht hier um das gleiche. „Bewegungs-Athleten“ und „Sitz-Athleten“ unterliegen den selben physikalischen Gesetzen. In erster Linie müssen alle gegen die Schwerkraft arbeiten. Welche Bewegungen sind nun essentiell, um der Schwerkraft Herr zu werden?

In Bezug auf den Schreckreflex können aktive Streckbewegungen zu einer Begradigung der Körperteile oder des gesamten Körpers führen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das muskuläre Bindegewebe noch nicht in dieser Schreckreflexhaltung verfestigt hat. Dann wird es schwer für die Muskulatur dagegen zu arbeiten. Eine Rolfing-Therapie kann hier unterstützend helfen.

Schreckreflex und Bedrohungsregulation

Z-Health  arbeitet auf Reflexebene, daher können im Nervensystem fest verankerte Schutzfunkionen so moduliert werden, das Leistungsbremsen oft schon nach kurzer Zeit gelockert werden können.

Aktive Gelenkbeweglichkeit, dynamisches Sehen und eine korrekte Vestibularfunktion sind die Basis dieser Trainingsform. Z-Health bringt dabei einen Satz an speziellen Koordinationssübungen, Seh- und Gleichgewichtstraining mit.  Wird dieses Training präzise durchgeführt, kann der Athlet oft sofortige Verbesserungen von Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Körperhaltung und sogar Schmerzlinderung des Bewegungsapparates erfahren. Wie das funktioniert? Über eine Veränderung der Eigen- und Umweltwahrnehmung sowie der Reflexsteuerung (Arthrokinetischer Reflex).

Erst vollständige Bewegungskontrolle ermöglicht optimale Kraftentwicklung

2: Sensomotorische Anmesie

Der Begriff Sensomotorische Anmesie SMA, auch als kinästhetische Dystonie bekannt, wurde vom Körpertherapeuten und Philosophen Thomas Hanna geprägt. Der Entwickler der Somatic Education® bzw. Hanna Somatics beschreibt SMA als ineffiziente Haltungs- und Bewegungsmuster, die sich durch Stress, Verletzungen oder Bewegungsmangel in das neuromuskuläre System „einprogrammieren“ und auf Reflexebene zu dauerhaften Kontraktionen der Muskeln führen, die man willkürlich nicht mehr steuern kann, weil man schlichtweg vergessen hat, wie man die Muskeln entspannt.

Wie entwickelt sich eine SMA?

Getreu dem „Use It Or Loose It“-Prinzip verliert der Mensch die Fähigkeiten, die er nicht regelmäßig gebraucht. Das evolutionäre Design des menschlichen Körpers ist für Bewegung konzipiert und zwar in vielfältiger Weise: Gehen, Laufen, Sprinten, Krabbeln, Springen, Balancieren, Klettern, Hangeln, Heben, Tragen, Ziehen, Drücken, etc…Hört der Mensch auf diese Dinge zu tun, kommt es über Jahre zu einer mehr oder weniger weit ausgeprägten SMA.

Die Wohlstandsgesellschaft hat mit ihrer modernen Technik den Raum für natürliche Bewegung weitgehend abgeschafft. Der moderne Stadtmensch ist mit einem minimal entwickelten sensomotorischen System ausgestattet, was es ihm nicht mehr erlaubt, den eigenen Körper klar wahrzunehmen und sich effizient zu bewegen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass es über viele Jahre bei den meisten Menschen zu einem Verlust an willkürlicher Kontrolle der Muskeln kommt.

Weitere Ursachen für SMA sind:

  • Psychische Belastungen und Langszeitstress haben messbare Einflüsse auf die Sensomotorik, die durch ständige Reflexantworten auf diese Belastungen reagiert und zu chronischen Kontraktionen führen kann.
  • Verletzungen können mit dem Ziel der Schmerzvermeidung/-verminderung zu einem willkürlichen Kontrollverlust der betroffenen Bereiche führen.
  • Überforderung und Übertraining durch einseitige Bewegungsmuster und Trainingsprogramme führen zu Übermüdung und sich wiederholenden Verletzungen.

Die Folgen von SMA

Eine fehlerhafte Ansteuerung der Muskeln durch das Gehirn führt zur Störung willkürlicher Bewegungen, Fehlhaltungen und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von (wiederkehrenden) Verletzungen. Die mit SMA verbundenen Schmerzen werden von der Schulmedizin zumeist auf strukturelle Veränderungen (Kalkablagerungen, Stenose, Arthrose, Beckenschiefstand,etc.) zurückgeführt. Unter der neurologischen Linse sind es jedoch Funktionsstörungen des Nervensystems. Nach dieser Sichtweise sind Schmerzen ein Zeichen dafür, dass etwas im Körper nicht stimmt.

Das Problem kann oft in ganz anderen Regionen liegen als der Schmerz selbst. In der Regel wird das Problem aber nur dort gesucht, wo der Schmerz auftritt!

Die Entwicklung allgemeiner und spezieller athletischer Fähigkeiten und Fertigkeiten wird durch SMA verhindert, ohne das sich die betreffenden Sportler darüber bewusst sind, da die Fehlfunktionen auf einer Ebene niederer Gehirnschichten stattfinden, die durch unwillkürlich gesteuert werden.

Motorischer und sensorischer Homunculus

Der sogenannten Homunculus visualisiert die neuronalen Verbindungen verschiedener Skelettmuskeln und sensorischen Feldern mit bestimmten Hirnarealen. Je größer die Körperteile des Homnculus, desto größer sind die Bereiche im motorischen Kortex, welche diese Muskeln steuern. Der motorische Homunculus ist eine verzerrte Darstellung, denn die Skelettmuskulatur ist nicht entsprechend ihrer Größe, sondern entsprechend der Feinheit ihrer Ansteuerung abgebildet.

Feinmotorische Muskeln wie Finger- und Gesichtsmuskeln sind größer repräsentiert, weil mehr Nervenzellen an ihren Aktivierungen beteiligt sind. Eine Nervenzelle steuert hier etwa 10 Muskelfasern. Dies wird als kleine motorische Einheiten bezeichnet. Große Muskeln werden von wenigen Nervenzellen gesteuert. Eine Nervenzelle kann hier bis zu 2000 Muskelfasern innervieren. Dies wird als große motorische Einheit bezeichnet.

Je größer die Körperteile des Homunculus, desto mehr „Gehirnpower“ benötigen diese Bereiche.

Der sensorische Homunculus ist wie der motorische Bruder, nur werden hier die Bereiche größer repräsentiert, die eine höhere Sensordichte besitzen und von denen folglich mehr Afferenzen zu Gehirn ausgehen.

Das Homculus-Modell illustriert interessanterweise auch die Körperbereiche, welche wir in unserer hochtechnisierten Gesellschaft viel und wenig gebrauchen. Die großen Bereiche werden viel genutzt, die kleinen kaum. Aus diesem Blickwinkel ist es nicht verwunderlich, dass SMA vor allem die Skelettmuskeln betrifft, die nicht so einen großen Raum im motorischen Kortex einnehmen.

Durch das Prinzip der Neuroplastizität ist auch möglich, dass sich durch Bewegungstraining bestimmte Hirnareale stärker miteinander vernetzten. Im Homunculus-Foto würden diese Körperteile dann größer dargestellt. Je mehr Verküpfungen im Gehirn, umso „klüger“ ist der Mensch. Logische Schlußfolgerung: Nicht nur Denken macht schlau, das lernen neuer Bewegungsformen ebenso!

Der Weg aus der SMA

Einfach nur Sport oder anderes Training ist keine Lösung SMA wirkungsvoll zu begegnen, denn sie greifen nicht auf der untersten neurophysiologischen Ebene ein.

sensomotorik

Effektive Trainignsprogramme nutzen die neurophysiologische Tatsache, dass die Motorik von der Sensorik bestimmt wird. Es stellt ein Regelkreismodell dar. Mit der Verbesserung des sensorischen Inputs, verbessert sich der motorische Output. Es kommt zur sensomotorischen Integration „vergessener“ Körperbereiche und zur Wiederherstellung der Funktion. Z-Health hat den Vorteil ein speziell auf Athleten ausgerichtetes System zu sein und mit systematisch aufeinander aufbauenden Bewegungs-Stufen zu agieren.

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