Sport als Burnout-Killer

Körperliches Training kann einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Burnout leisten. Wie das funktionieren kann erläutert uns Stefan Diestel vom Institut für Arbeitsphysiologie an der Technischen Universität Dortmund IFADO.

Dr. Stefan Diestel ist Psychologe mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie und promoviert am Institut für Arbeitsphysiologie an der Technischen Universität Dortmund IFADO. Die Forschungsbereiche des Instituts richten sich auf die Risikopotentiale moderner Arbeit. Hier geht es insbesondere um die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der eingebundenen Personen, sowie der Optimierung und Organisation von Arbeitsprozessen. Diestels Spezialgebiet ist der Bereich Burnout. Auf diesem Sektor gilt er als gefragter Experte und Referent auf nationalen und internationalen Fachkongressen. Herr Diestel schildert uns inwiefern Bewegung zur Bekämpfung von Burnout taugt.

Herr Diestel, die Diagnose Burnout wird immer häufiger bei Menschen in der heutigen Gesellschaft gestellt. Welche Symptome kennzeichnen diese Krankheit?

In der Psychologie werden drei Erlebenszustände unterschieden, die Burnout charakterisieren. Emotionale Erschöpfung stellt das Kernsymptom von Burnout dar und beschreibt den Mangel an emotionalen und physischen Ressourcen. Sie geht mit massiven Ermüdungserscheinungen einher und ist mit dem Gefühl einer lähmenden Schwäche verbunden. Daneben ist bei den meisten Burnouterkrankten eine zunehmende Depersonalisation zu beobachten. Depersonalisation bezieht sich auf die zynische, gleichgültige und distanzierte Haltung gegenüber seinem Beruf und privaten Umfeld.

Was sind die Folgen davon?

Diese Personen leiden unter dem Verlust von persönlicher Erfüllung und dem Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Durch emotionale Erschöpfung und Depersonalisation stellt sich ein Gefühl der inneren Resignation ein: Man hat nicht mehr das Vertrauen, wichtige Ziele im eigenen Leben durch eigene Kraft erreichen zu können.

In wie fern nimmt der Arbeitgeber die zunehmende Verbreitung von Burnout wahr?

Wird der Burnout-Schwellenwert überschritten, macht sich dies an höheren Fehlzeiten bemerkbar, die bis zum dreifachen der üblichen Fehlzeiten ansteigen können. Ein zweites Merkmal sind Leistungseinbußen, die zu einem qualitativen und quantitativen Rückgang der Arbeitsproduktivität führen.

Welche Interventionsmöglichkeiten gibt es bei Burnout?

Es gibt verschiedene Ansatzpunkte. Ein Fokus liegt darin, die Ursachen, wie Stress am Arbeitsplatz zu vermindern, die Work-Life-Balance wieder herzustellen oder allgemeine Unzufriedenheit in den Griff zu bekommen. Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, dann kommen vor allem Verarbeitungsstrategien zum Einsatz, in denen der Mitarbeiter z.B. in einen anderen Arbeitskontext eingebunden wird. Aber auch Workshops und Trainings, die zum Ziel haben den Lebensstil so zu verändern, dass Burnout eine geringere Wahrscheinlichkeit hat. Hierzu zählt regelmäßger Urlaub und Sport, sowie die Anwendung von verschiedenen Entspannungstechniken.

Wie kann Bewegung präventiv helfen?

Hier ist zunächst einmal die rein physiologische Ebene zu sehen: durch Training werden eine Vielzahl von Mechanismen im Körper in Gang gesetzt, die nachweislich eine positive Wirkung auf Stimmung und Wohlbefinden haben. Bewegung ist, wenn Sie so wollen, das natürliche Anti-Depressivum – nur ohne Nebenwirkungen. Im Fokus sollte hierbei vor allem das Erlernen von neuen Bewegungsformen oder Sportarten stehen. Dies fördert den Aufbau neuer Verknüpfungen im Gehirn und kann zu einer Neustrukturierung des Nervensystems führen, was sich letztendlich positiv auf die Entwicklung des Menschen auswirkt.

Und wie schaut es aus, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist?

Während eines Burnouts kann ein körperliches Training die Willenskraft stärken und emotionale Ressourcen aufbauen. Die betreffende Person hat bei einem effektiven Training die Chance zu erfahren, dass sie etwas leisten, sich verbessern und Ziele erreichen kann. Das Selbstbewusstsein wird dadurch gestärkt und die Stressverabeitung erleichtert.

Getreu der Devise „Der Mensch wächst am Widerstand?“

So könnte man es nennen. Nicht nur die Muskeln, sondern auch der Geist profitiert von regelmäßigem Training. Wichtig hierbei ist, sich kurz- mittel- und langfristige Ziele zu setzen und auf diese systematisch hinzuarbeiten. Wenn man in der Lage ist Disziplin zu zeigen und Versuchungen zu widerstehen fühlt man sich als „Herr der Lage“. Dies bleibt nicht auf das Training beschränkt. Eine Übertragung auf andere Lebensbereiche ist möglich.

Vielen Dank

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