Sich zum Affen machen

Zwei interessante Studien deuten darauf hin, wie ein affenähnlicher Körpergebrauch Osteoporose und Arthrose möglicherweise verhindern kann.

Professor C Alexander von der University of Auckland, ist der Frage nachgegangen, ob der unvollständige Gebrauch von Gelenken beim Menschen Arthrose begünstigt. Ein Vergleich mit auf Bäumen lebenden Primaten zeigt, dass die nächsten Verwandten des Menschen frei von Arthrose und Osteoporose sind.

Evolutionsbiologische Gründe für die beim Menschen auftretenden Krankheiten könnten im veränderten Bewegungsverhalten liegen und mit der Aufgabe des Lebens auf Bäumen vor ca. 6 Millionen Jahren zusammenhängen. Hinzu kommt die Entwicklung des aufrechten Ganges, der vor ca. 3,75 Millionen Jahren vollständig abgeschlossen wurde

Professor Alexander untersuchte 15 Schimpansen in ihrem Bewegungsverhalten unter der Berücksichtigung von 9 Gelenkgruppen. Die Ergebnisse verglich der Forscher mit dem typischen Gebrauch der gleichen Gelenkgruppen beim Menschen.

Das Ergebnis zeigt beim Menschen einen eingeschränkten Gebrauch hinsichtlich des Bewegungsumfanges der Gelenke. Genau wie Kleinkinder gehen Affen oft in die tiefe Hocke, wenn sie Dinge ansehen oder mit Gegenständen hantieren. Hüft- und Kniegelenke werden hierbei in ihrem vollständigen Bewegungsumfang gebraucht. Bei Erwachsenen in westlichen Industrieländern ist dies nicht zu beobachten. Das Schultergelenk, sowie die Gelenke in Händen und Füßen werden bei den Affen sehr intensiv durch das Klettern, Hangeln und festhalten involviert. Zudem zeigen die Bilddokumentationen der Untersuchung starke Gelenkmobilisationen durch den Gang auf den Fäusten.

In einem weiteren Beitrag von Professor Alexander (2001) wird die Bedeutung von mechanischer Zugspannung für die Prävention von Osteoprose verdeutlicht, die neben der Ausnutzung der vollständigen Gelenkbewegungsmöglichkeiten relevant ist. Axiale Zugspanungen entstehen nur im hängenden Zustand und können dem meist asymmetrischen Verlust der Knochensubstanz bei einseitigen Belastungen besser entgegenwirken. Dieser Gedanke ist zudem konform mit dem Wolffschen Gesetz, welches u.a. eine Ausrichtung der Knochentrabekel in Richtung der mechanischen Kräfte beschreibt.

 Je vielfältiger die Belastung, umso perfekter die Knochenstruktur.

 

Praktische Konsequenzen

Unsere praktischen Erfahrungen im Trainingsprozess zeigen, dass selbst eine sehr ausgewogenes und systematisch periodisiertes Trainingsprogramm überwiegend Druckbelastungen auf den Körper erzeugt. Da wir nicht mehr auf Bäumen leben und uns von Ast zu Ast schwingen, müssen wir durch gezielte Bewegungsformen einen mechanischen Ausgleich schaffen.

In unserem Video (ganz unten auf der Seite) haben wir beispielhaft einige Übungsformen entwickelt, die sich an den Erkenntnissen der Untersuchungen von Professor Alexander orientieren. Eine ganz andere Zielsetzung liegt der Auflösung myofaszialer Restriktionen. Daher bezeichnen wir diese Bewegungsformen als “Active Myofascial Unwinding”. Wir nutzen hierbei den sogenannten “Sweater Effect”, bei dem jeder Zug an einer Körperstelle das gesamte Gewebe verzieht. Schaut Euch die Übungen an: Wir versuchen durch das Schwingen in multiplen Zugrichtungen unseren Faszienanzug wieder gerade zu ziehen, genau wie beim zurechtziehen eines Pullovers!

Führe von jeder Übung zwei Serien à 10-15 Sekunden mit einer Serienpause von 3 Minuten aus. Die Trainingshäufigkeit sollte ein bis zwei mal pro Woche betragen

Gelingt es uns die Torsionskräfte aus dem Gewebe zu bekommen, arbeitet das fasziale Netzwerk im Zustand seines geringsten Energieverbrauchs. So schaffen wir den Rahmen für effiziente Bewegung. Selbstverständlich ist bei stärkeren Einschränkungen eine manuelle Behandlung durch einen erfahrenen Therapeuten nicht zu ersetzen. Es ist jedoch durchaus möglich weniger dramatische Einschränkungen deutlich zu verbessern und einen guten Zustand zu erhalten oder gar weiterzuentwickeln.

Das beste Ausgleichsprogramm nützt jedoch nichts, wenn das Haupttraining zu einseitig ist. Einige Anregungen für ein abwechslungsreiches Übungsprogramm findet im Video unten. Jetzt habt Ihr das Handwerkzeug Euch gezielt zum Affen zu machen!

 

Literatur

Alexander, C. J.: Annals of the Rheumatic Deseases 1994; 53 : 720-725

Alexander, C. J.: Idiopathic osteoporosis: an evolutionary dys-adaptation? Ann Rheum Dis 2001;60;554-558 doi:10.1136/ard.60.6.554

Blostein, D.: Fascial Unwinding Cancels Torsional Forces. 2011; Terra Rosa E-Magazine, No. 9

 

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